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 Aprilgewitter

Serie: Lore von Trettin - Trilogie, Band 2
Autoren: Iny Lorentz
Verlag: Knaur

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
"Dezembersturm" hielt einige Aufregung für die Protagonistin Lore, die anderen Charaktere und so auch für den Leser bereit, "Aprilgewitter" verspricht nun eine Fortführung dieser Geschichte. Leser, die den ersten Teil nicht kennen, sollten den Inhaltsteil überspringen, um nicht zu viele Details des vorangegangenen Bandes zu erfahren.

Lore und Fridolin sind mittlerweile glücklich verheiratet, die Jahre in Bremen waren gut zu ihnen. Doch nun ist die kleine Nathalie, Lores Mündel, alt genug, um ein schickes Internat in der Schweiz zu besuchen und Lore ist von ihrer Aufsichtspflicht entbunden. So liegt die Entscheidung, nach Berlin zu gehen, nahe, als Fridolin dort den Posten des Vizebankdirektors einer angesehenen Bank angeboten wird. Hier träumt er bald davon, sich in die Bank einzukaufen und sogar Teilhaber zu werden – mit Lores Geld. Lore hingegen hat damit andere Pläne: Sie möchte ihren Modesalon, den sie gemeinsam mit ihrer Freundin Mary gegründet hat, zur Nummer Eins in Berlin machen. Doch als Frau eines Edelmannes darf sie selbst nicht als Besitzerin in Erscheinung treten, und so läuft der Salon nur unter Marys Namen, während Lore heimlich zuhause näht.

Doch irgendjemand hat etwas gegen Lore und Fridolin. Gegen Lore wird intrigiert, es werden Gerüchte über ihre Herkunft und ihre Tätigkeit als Schneiderin gesät, so dass sie unter den Berliner Damen nicht hoch angesehen wird. Auch auf Fridolin werfen diese Anschuldigungen ein schlechtes Licht, und so sieht es nicht gut aus für die junge Ehe, als einige Leute es sich in den Kopf setzen, einen Keil zwischen die Liebenden zu treiben und Fridolin auch noch eine Bordellbesitzerin, mit der er früher befreundet war, wieder trifft …

Bei den ganzen Plänen, die Lore, Fridolin und die anderen gegen Ende von "Dezembersturm" hatten, ist es kein Wunder, dass der zweite Band nicht allzu lange auf sich warten lies.
War der erste Teil noch eine abenteuerliche Flucht durch mehrere Länder, mit vielen Feinden und ständiger Gefahr für das Leben der Protagonisten, fängt "Aprilgewitter" etwas ruhiger an. Lore und Fridolin leben nun zufrieden in Berlin, alles könnte gut sein, wenn nicht Schatten aus der Vergangenheit nach ihnen greifen würden. Die Intrigen, die gesponnen werden, sind gut beschrieben, hier hat der Leser etwas Wissen vor Lore voraus, denn er weiß zumindest teilweise, wer hinter den bösen Gerüchten steckt. Es ist hilfreich, den ersten Band noch lebendig vor Augen zu haben, dann muss man nicht zu lange überlegen, wer mit welchem Namen und Anspielung gemeint ist, und das Puzzle fügt sich stückweise zusammen.

Das gesellschaftlichere Leben führt auch dazu, dass die Handlung langsamer und weniger dramatisch voranschreitet. Lore ist nicht mehr das junge Mädchen, das vor Mördern fliehen muss, sondern eine starke Frau, die ihren Platz im Leben gefunden zu haben glaubt. Da dieser in einem Modesalon ist, muss der Leser einiges über verschiedene Nähtechniken und modische Besonderheiten des 19. Jahrhunderts über sich ergehen lassen, aber auch das trägt dazu bei, sich ein besseres Bild der Umstände machen zu können. Mit fortschreitender Seitenzahl wird das Thema mehr und mehr politisch, Berlin Ende des 19. Jahrhunderts war ein Brennpunkt der Ereignisse, und so ist man als Leser bei einigen historischen Momenten und politischen Verstrickungen dabei.

"Aprilgewitter" führt die Geschichte aus dem ersten Band zuverlässig weiter und trägt dazu bei, die Charaktere zu vertiefen, auch wenn sie immer noch sehr schwarz-weiß gezeichnet erscheinen und nur selten unvorhergesehen agieren. Es scheint, als hätte das Autorenehepaar, das schon viele historische Romane unter dem Pseudonym "Iny Lorentz" veröffentlicht hat, Angst, vom mit "Die Wanderhure" begonnenen Muster abzuweichen: Interessante Geschichten, aber sehr einseitige und flache Charaktere.

Für Fans von Iny Lorentz und Leser von "Dezembersturm" ist "Aprilgewitter" durchaus empfehlenswert. Auch Leser, die historische Romane lieben, dabei aber keine vielfältigen Charaktere erwarten, sind hiermit gut bedient.

Anja Thiemé



Taschenbuch | Erschienen: 1. Juli 2010 | ISBN: 978-3426504147 | Preis: 9,95 Euro | 720 Seiten | Sprache: Deutsch

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