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 Nicht weit vom Stamm

Autoren: Oliver Uschmann
Verlag: script5

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Als Sven 14 Jahre alt war, hatte sein Vater, Schreiber von Ratgeberbüchern zur Erziehung, allen Grund, stolz auf ihn zu sein. Intelligent, Gewinner eines Planer-Wettbewerbs für einen Freizeitpark, nett, höflich zu allen, und seine Freunde waren ein guter Umgang für ihn. Kurz gesagt, sein Vater hätte nicht glücklicher sein können, machte es doch den Anschein, als würde Sven in seine Fußstapfen treten und ebenfalls erfolgreich im Leben werden.
Doch ein Tag verändert alles. Seine kleine Schwester wird schwer verletzt, der Vater gibt Sven die Schuld, nicht gut genug auf sie aufgepasst zu haben. Ab diesem Tag geht es abwärts. Sven sucht sich neue Freunde, lässt in der Schule nach, gerät erst auf die schiefe Bahn und dann in den Straßengraben der Gesellschaft.
Doch als seine kleine Schwester erneut in Gefahr gerät, muss er sich zusammen reißen, seine Wut auf alles in sinnvolle Bahnen lenken und - vorher undenkbar - so werden wie sein Vater. Alles, um zu beweisen, dass in ihm doch mehr steckt, wenn er nur will.

Oliver Uschmanns zweiter Roman für Jugendliche ist die Geschichte eines Jungen, dem erst alle Türen offen stehen, bis er sie selbst zuschlägt. Fünf Jahre lang besteht sein Leben aus Prügeleien, Alkoholexzessen, flüchtigem Sex und Perspektivlosigkeit, bis er gezwungen wird, sich zu entscheiden: entweder wieder jedem beweisen, dass er zu nichts nutze ist und seine Schwester zum zweiten Mal im Stich zu lassen, oder über seinen Schatten springen, sich zusammen zu reißen und wieder aus dem Graben zu klettern. Er entscheidet sich für zweites, aber der Weg ist lang und sehr steil.

Svens Verhalten ist für die meisten Leser wahrscheinlich nicht unbedingt nachvollziehbar, es ist einfach eine andere Welt, um die es hier geht. Auch die Frage, wie ein einziger Satz, vom Vater in Wut und Angst um seine Tochter ausgesprochen, das Leben eines Sohnes so zerstören kann, ist eine Frage, die sich im Laufe des Buches stellt. Überhaupt gehören die Dialoge zwischen Vater und Sohn zu den Höhepunkten dieses Buches. Zwei Standpunkte, so weit voneinander entfernt und komplett ohne Verständnis für den anderen, gleichzeitig aber das Problem, dass innerhalb einer Familie ein gewisses Maß an Liebe nicht zu zerstören ist. Das gipfelt in Wortgefechten, bei denen man beide Beteiligten gut verstehen kann und in der Mitte steht, ohne sich für eine der beiden Seiten entscheiden zu können.

Der Roman ist durchweg aus Svens Perspektive beschrieben, sein Innenleben liegt komplett offen. Dabei zeigt sich, dass dieser Kerl in Wirklichkeit doch ein netter Junge sein kann, der aber immer wieder demotiviert und enttäuscht wird. Sei es bei der Ableistung seiner Sozialstunden im Krankenhaus von den Ärzten, die eine Patientin fast sterben lassen, nur weil Wochenende ist. Oder von seinem Vater, dem der äußere Anschein über alles geht.

Komischerweise ist die Auflösung doch vorhersehbar, die Gefahr, in der seine Schwester schwebt, wird vom Leser schnell durchschaut. Einen wirklichen Grund kann man dafür noch nicht einmal nennen, man vermutet einfach sehr schnell, was hinter dem ganzen steckt. Dennoch ist das Buch nicht langweilig oder zu vorhersehbar, immerhin ist dies immer noch die Geschichte eines jungen Mannes, der erwachsen wird und gezwungenermaßen versucht, sein Leben unter Kontrolle zu bringen.


In eine Leseprobe des Buches als pdf kann man hier auf den Verlagsseiten 'reinlesen'.

Anja Thiemé



Taschenbuch | Erschienen: 15. Februar 2011 | ISBN: 9783839001202 | Preis: 14,95 Euro | 528 Seiten | Sprache: Deutsch

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