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 The Mark of Abel


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Zwei Jungen, wohl noch im Grundschulalter, und zwei fast erwachsene Mädchen. Zwischen ihnen und etwas weiter vorne, im Gegensatz zu der Vierergruppe scharf abgebildet, ein Mädchen in der Pubertät, kein Kind mehr und noch keine junge Frau.
Das Foto auf dem Einband verblüfft bereits und lässt die Ahnung aufkommen, dass sich im Buch keine klassischen Gruppen- und Einzelpersonenportraits finden werden. Und diese Ahnung bestätigt sich: Auf das Vorwort von Maile Meloy und eine Landschaftsaufnahme folgen Fotos, die den Betrachter zum Nachdenken bringen, zum Grübeln über die Beziehungen, die zwischen den Abgebildeten offensichtlich bestehen oder bestehen könnten, über ihre Charaktere, ihren familiären Hintergrund, ihr Leben allgemein und nicht zuletzt über sich selbst. Auch die Portraits einzelner Personen, die dem Betrachter zum Teil in den Gruppenfotos wieder begegnen, bieten viel Raum zur Interpretation, zumal der Hintergrund stets sehr unaufdringlich und unscharf gehalten ist – Bäume, oft winterlich kahl, Wiesen, ein Feld; die Landschaftsaufnahme zu Beginn des Fotoblocks zeigt einen solchen Hintergrund; eine weitere solche Fotografie findet man zwischen den Portraits, und eine dritte beendet den Fotoblock und leitet über zu einer Betrachtung von George Slade über Lydia Panas' Bilder. Die Fotografin selbst ergreift ebenfalls kurz das Wort. Kurzbiografien der Fotografin und der beiden Autoren schließen das Buch ab.

Lydia Panas portraitiert ihre Modelle auf ungewöhnliche Weise. Es fällt sogleich auf, dass mindestens eine abgebildete Person – auf der folgerichtig der Fokus liegt – intensiv in die Kamera schaut; oft tun das sogar sämtliche Modelle. Sie lächeln nicht. Manche Aufnahmen wirken "natürlich", die meisten bewusst "gestellt", und in vielen dieser "gestellten" Fotos tut die ein oder andere Nebenfigur etwas Unerwartetes, sie hat sich einer anderen Person zugewandt, eine Frau im Hintergrund streicht ihrem Mann das Haar zurecht, während die halbwüchsigen Töchter schon posieren, Kinder schauen auf den Boden oder rennen durchs Bild. Es besteht eine erstaunlich starke Kommunikation zwischen den Figuren untereinander und unter Einbeziehung der Fotografin.

Kritisch, selbstbewusst, fragend blicken die abgebildeten Menschen auf den Betrachter, der sich selbst ein Bild machen muss – von einem Foto! Das überrascht ebenso wie der Titel. Es war Kain, der als Abels Mörder ein Mal, ein Zeichen tragen musste. Abel, der Erschlagene, trägt als Mal die Zeichen von Kains Tat, vielleicht auch einfach Schwäche, Unterlegenheit. Der Titel lässt gerade hinsichtlich des familiären Kontextes, in dem die meisten der gemeinsam abgebildeten Personen offensichtlich zu betrachten sind, eine ganze Reihe beunruhigender Interpretationen zu.

Ungewöhnliche Arrangements der Menschen, kühne Schnitte, Tilten (Verschiebung der Schärfeebene): die Fotografin bedient sich unkonventioneller Mittel, um ihre Bildaussagen zu verstärken oder überhaupt erst zu ermöglichen. So sind die Modelle bei den Einzelportraits mittig platziert, eigentlich ein "No Go", wenn man den Lehrbüchern folgt, doch werden gerade dadurch die eindringlichen Blicke auf den Betrachter verstärkt.
Die Fotos sind in Farbe gehalten, was dem an Schwarz/Weiß gewöhnten Betrachter jedoch unter Umständen erst nach einigen Seiten auffällt, da die Kleidung der Personen und der Hintergrund fast immer in dezenten Farben gehalten sind und somit nur dann etwas von den Figuren selbst ablenken, wenn dies von der Fotografin gewünscht wird.
Gute Denk- und Interpretationsanstöße bieten die Texte, die übrigens nur auf Englisch zur Verfügung stehen. Das Buch überzeugt auch durch sein bestens zum Inhalt passendes Albumformat, durch hochwertiges, reflexionsarmes Papier und eine hohe Druckqualität. Befinden sich, was hin und wieder der Fall ist, zwei Bilder auf einer Doppelseite, so sind sie farblich, vom Hintergrund und vom Inhalt her sehr gut aufeinander abgestimmt.
Ein erstaunlicher, aussagestarker Fotoband, den die meisten Besitzer sicherlich mehrmals zur Hand nehmen und betrachten werden!

Die Verlagsseite zum Buch

Regina Károlyi



Hardcover | Erschienen: 1. Januar [Value3] | ISBN: 9783868282290 | Preis: 36,00 Euro | 95 Seiten | Sprache: Englisch

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