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 Alles Land


Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Bildqualität
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Am Anfang des 20. Jahrhunderts gibt es nur noch wenige unerforschte Räume auf der Erde. Das naturwissenschaftliche Wissen der Menschheit scheint nahezu vollständig zu sein. Dennoch drängt es den Forscher Alfred Wegener danach auch einen der letzten Flecken der Erde zu erforschen: das Eis Grönlands. Gleichzeitig stellt er eine Gewissheit seiner Zeit radikal in Frage: die Unbeweglichkeit der kontinentalen Landmassen. Jo Lendle hat diesem Mann nun ein literarisches Denkmal gesetzt mit seinem Roman "Alles Land".

Der 384-seitige Roman zeichnet das Leben Alfred Wegeners von seiner Geburt bis zu seinem Tode nach. Dabei hält sich der Autor nicht immer an die historische Faktizität. Es geht ihm mehr darum, ein Menschenleben im Pendelschlag zwischen zwei Extremen zu erzählen. Wegener wird in jedem Teil des Buches als ein Strebender dargestellt. Er strebt nach wissenschaftlicher Erkenntnis, nach abenteuerlichen Forschungsreisen, aber auch nach Liebe und menschlichem Glück. Ist er in Deutschland unter Menschen, sehnt er sich nach Grönland ins Eis, sitzt er im Eis, träumt er von seiner Verlobten daheim.

Getrieben von diesen Extremen entwickelt sich ein Leben, das gezeichnet ist von langen und mitunter einsamen Forschungsreisen in bitterer Kälte und Todesgefahr, von wissenschaftlichen Tätigkeiten und dem intimen Wunsch nach Nähe und Harmonie. Wegeners These von der Kontinentaldrift, nach der es einst einen Urkontinent gab, der auseinander brach und schließlich zu den großen Landmassen führte, die wir heute kennen, wird von seinen Zeitgenossen verspottet. Dies verstärkt seinen Drang, sich von der Welt zu lösen und zu einem der letzten großen Polarforschern zu werden, die für neue Erkenntnisse ihr Leben opferten.

"Alles Land" ist ein Abenteuer- und Wissenschaftsroman. Jo Lendle hat ihn in einem gut lesbaren Stil geschrieben, der durchaus unterhält. Besonders originell ist er allerdings nicht. Ein Forscher, getrieben von Wissensdurst, der auf Unverständnis seiner Kollegen trifft, und der sich mehrmals für die Wissenschaft der Todesgefahr in eisiger Kälte und Einsamkeit aussetzt. Der Leser wird in diesem Roman auf nichts stoßen, das er nicht schon mehrfach gesehen oder gelesen hat.

Von Anfang an strebt die Hauptfigur hin zu einem Leben im Dienst der Wissenschaft und der Reisen. Eine Art faustisches Streben wurde dieser Figur bereits in die Wiege gelegt. Dieses Streben und die Sehnsucht nach einem Leben frei von jeglichen gesellschaftlichen Verpflichtungen entwickeln sich nicht. Sie sind von Anfang an vorhanden, ohne hinterfragt zu werden. In einer Jugendszene trifft Alfred Wegener eine Art Sandkastenliebe wieder. Sie mögen sich, kommen sich fast näher, doch im letzten Moment steht er einfach auf und geht ohne sich umzublicken. Sein Grund: Er möchte sein Leben der Wissenschaft widmen. Jahre später, bereits in der Wissenschaft beschäftigt, lernt er die Tochter eines Professors kennen und verlobt sich mit ihr. Immer auf seinen Reisen ist sie es, nach der er sich in einsame Stunden sehnt. Hier zeigt sich die tiefe Widersprüchlichkeit der Figur, die sich nicht entscheiden kann, wo sie eigentlich hingehört. Doch es bleibt auf einer deskriptiven Ebene, Wegener ist halt so und kann nicht anders. Warum er so geworden ist, spielt in dem Roman keine Rolle.

Was bleibt, ist ein biederer, solider und ruhiger Roman, der vor allem mit seinen Schilderungen der Gröndlandreisen überzeugen will, ein Roman, der Kälte, Einsamkeit und Todesgefahr nahe bringen möchte. Niemand wird die Lektüre bereuen. Ein literarisches Muss ist dieses Buch aber nicht.

Andreas Schmidt



Hardcover | Erschienen: 2. September 2011 | ISBN: 978-3421045256 | Preis: 19,99 Euro | 384 Seiten | Sprache: Deutsch

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