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 Lincoln Rhyme, Band 13: Der Komponist

Serie: Lincoln Rhyme, Band 13
Autoren: Jeffery Deaver
Übersetzer: Thomas Haufschild
Verlag: Blanvalet

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Lincoln Rhyme und Amelia Sachs, die Protagonisten aus Jeffery Deavers Thriller-Serie, stecken in ihren Hochzeitsvorbereitungen, als sie unvermittelt eine Entführung aufklären sollen. Diese hat sich in New York auf offener Straße ereignet. Am Tatort liegt eine Instrumentensaite, die zu einer Henkersschlinge gebunden ist. Es dauert nicht lange, bis ein Video im Internet auftaucht, das zeigt, wie das Opfer mittels einer solchen Schlinge langsam gewürgt wird. Die Atemzüge des Strangulierten dienen als Taktgeber für düstere Walzermusik.

Dann reist der Täter, der sich "Der Komponist" nennt, offensichtlich nach Italien weiter. Rhyme und Sachs tun es ihm nach. In Neapel findet eine Entführung ähnlich jener in New York statt, einschließlich des grotesken Videos mit einem neuen Musikstück. Die amerikanischen Ermittler möchten vor Ort den Fall aufklären, doch das begeistert die zuständigen italienischen Polizisten und Behörden ganz und gar nicht.

Was als im letzten Augenblick glücklich ausgegangenes Kidnapping ohne erkenntliches Motiv in New York beginnt und deutlich die Handschrift eines zumindest inselbegabten Psychopathen zu tragen scheint, setzt sich in Neapel auf verstörende Weise fort – zwar mit einer Zielgruppe, die sich stark von dem New Yorker Opfer unterscheidet, doch das zurückgelassene "Souvenir" ist dasselbe, ebenso das Erscheinen eines typischen Videos.
Rhyme und Sachs müssen sich an die etwas andere Aufgabenverteilung und Gesetzeslage in Sachen Rechtspflege gewöhnen, die in Italien gelten und ihnen daher ein für sie sehr ungewohntes Personenportfolio vorsetzen. Dass freilich ausgerechnet ein schüchterner, aber äußerst engagierter Angehöriger der Forstpolizei, der sonst eher mit Trüffelfälschern, betrügerischen Viehzüchtern und Wilddieben zu tun hat, mehr zufällig in den Fall hineingerät und dort eine wesentliche Rolle zu spielen beginnt, gehört zu den Besonderheiten dieses Bandes wie die lokalen kulinarischen Spezialitäten, die übrigens hinreichend Würdigung finden. Auch eine ordentliche Portion Lokalkolorit darf nicht fehlen.

Spätestens jetzt wird dem geneigten Leser dieser Rezension klar sein, dass dieser Band sozusagen aus der Lincoln-Rhyme-Reihe tanzt. Die Fans sind atemlose Spannung gewohnt und lebhafte Kapriolen in Bezug auf Ermittlungserfolge, Verdächtige und Bedrohungen. Diese treten hier nach einem flotten Start zurück, erst im letzten Drittel nimmt der Thriller so richtig Fahrt auf. Dafür wird der Leser mit einem Gestaltungselement konfrontiert, das er von Deaver nicht recht kennt: Humor. Geradezu mit Herzblut zeichnet der Autor die italienischen Polizisten mit ihren Ecken und Kanten, vor allem den erwähnten Forstwachtmeister Ercole Benelli, der sich unverhofft als Ermittler in einem Entführungsfall wiederfindet. Wer ein klein bisschen böse ist, mag ein wenig US-amerikanische Überheblichkeit zwischen den Zeilen lesen. Das Alte Europa eben.

Erwartungsgemäß hat der amerikanisch-neapolitanische Fall trotz des gemütlichen Mittelteils einiges an Überraschungen und Wendungen zu bieten. Auch die Auflösung überzeugt. Wie bereits erwähnt, hebt sich "Der Komponist" aus der Reihe heraus und bietet etappenweise eher originelle, kurzweilige als atemlos spannende Unterhaltung. Ob der Leser das mag, sei ihm selbst überlassen.

Eine Leseprobe wird auf der Verlagsseite angeboten.

Rhyme und Sachs mal anders


Mich hat die "mediterrane Leichtigkeit" in diesem Thriller verblüfft, weil ich von Deaver, dessen Lincoln-Rhyme-Thriller ich fast sämtlich gelesen habe, die erwähnte Atemlosigkeit gewohnt bin. Bei der Deaver-Lektüre immer wieder zu schmunzeln war ein neues Erlebnis. Wer es durchgehend "thrilling" mag, sollte von meiner Bewertung ein bis zwei Sterne abziehen – mir hat der Ausflug nach Süditalien ausgesprochen gut gefallen. Anders gut, sozusagen.


Regina Károlyi



Hardcover | Erschienen: 26. November 2018 | ISBN: 9783764506469 | Originaltitel: The Burial Hour | Preis: 20,00 Euro | 606 Seiten | Sprache: Deutsch

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