In einem dunklen Raum wird eine Frau, Kathrin Stiller, festgehalten. Sie weiß nicht, von wem, warum und wie lange schon. Ab und zu bekommt sie von einem Maskierten zu essen und zu trinken. Ist er der Entführer? Auch das weiß sie nicht - nur, dass es passiert sein muss, als sie gerade zu Hause angekommen war und ihr Fahrrad anketten wollte.

Ungefähr zeitgleich springt Kriminalkommissarin Emilia Capelli ein völlig verstört wirkender Mann vors Auto, als sie nachts durch den Taunus fährt. Es stellt sich heraus, dass er Naturbeobachtungen machte und dabei mehr oder weniger über eine Frauenleiche gestolpert ist.
Em Capelli und ihre Kollegin Mai Zhou beginnen zu ermitteln. Rasch ist klar, dass die Tote, eine Prostituierte, ermordet und zuvor über längere Zeit gefangen gehalten wurde. Manche Befunde ergeben zunächst keinen Sinn.
Dann kommt es zu einem weiteren Mord, allerdings an einer Frau aus einer völlig anderen sozialen Schicht. Was zunächst nur als vages Bauchgefühl daherkommt, erhärtet sich allmählich: Ein Serienmörder ist unterwegs.

Und während Em und Zhou alles daran setzen, den Psychopathen zu finden, versucht Kathrin Stiller in ihrem Verlies weiterhin verzweifelt, zu überleben und sich eine Chance zur Flucht zu verschaffen.

Ein Serienmörder knüpft an die Serie eines anderen an, der gut bewacht in einer psychiatrischen Klinik einsitzt. So zumindest präsentiert sich den Kommissarinnen Em und Zhou nach einigem Ermitteln ihr neuer Fall. Die Opfer wurden auf jeweils spezielle Art verstümmelt oder anderweitig zur Schau gestellt – ganz eindeutig sollen sie Hinweise bieten, vielleicht sogar eine Geschichte erzählen. Doch diese erschließt sich den beiden Ermittlerinnen vorläufig nicht.

Finsterwald ist der vierte Teil der Serie um die beiden Frankfurter Kriminalkommissarinnen Emilia Capelli und Mai Zhou. Wer das ungleiche Duo noch nicht kennt, hat kein Problem, mit "Finsterwald" einzusteigen. Allenfalls Hinweise auf frühere Animositäten verraten, dass es Vorgängerbände gibt.
Alle Protagonisten sind klar konturiert gezeichnet, mit Ecken und Kanten. Die zahlreichen Wechsel der Erzählperspektive bewirken bisweilen eher leichte Verwirrung als die wohl beabsichtigte Spannungssteigerung - dabei hat die Story solche Tricks eigentlich gar nicht nötig, denn sie ist gut.
Auch nachdem der Leser sich schon eine Weile in der Sicherheit gewiegt hat, den Täter zu kennen, kann Judith Winter noch mit der ein oder anderen Überraschung aufwarten. Freilich greift sie hier und da in den klassischen Thriller-Modellbaukasten, zumal, wenn der Täter mit seinen Morden ein Kindheitstrauma nachzeichnet. Doch zusammen mit dem Lokalkolorit, den authentischen Figuren und einem großen Schuss Humor, insbesondere in Bezug auf Ems sizilianischstämmige Familie, ergibt sich ein so spannender wie origineller Thriller. Der Showdown schließlich ist rasant, und wehe dem, der an dieser Stelle bei der Lektüre stört.

Gut gemachter Thriller, nicht nur für Hessen!