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 Nie wieder achtzig!

Autoren: Dieter Hildebrandt
Illustratoren: Dieter Hanitzsch
Verlag: Blessing

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis


Pünktlich zu seinem achtzigsten Geburtstag am 23. Mai 2007 kann man das neueste Buch von Dieter Hildebrandt erwerben. "Nie wieder achtzig!" ist eine Sammlung verschiedenartigster Texte, die sich scheinbar wahllos und frei assoziierend mit allem und nichts beschäftigen.
In neunundvierzig Kapiteln, unterbrochen von doppelseitigen Karikaturen des engen Hildebrandt-Freundes Dieter Hanitzsch, spöttelt, hetzt, sinniert und fabuliert der Achtzigjährige mit einer Verve und Eloquenz, die den Leser staunen lässt.

Verwundert reibt man sich die Augen über so viel Energie und Durchhaltevermögen. Längst schienen Hildebrandt die Lieblingsfeinde wie Franz Josef Strauß, Helmut Kohl, Konrad Schily oder Roland Koch ausgegangen zu sein. Lange schon hatte man das Gefühl, dass nach dem letzten, durch Kürzungen und miserable Sendezeiten zu einem Abstellgleis gewordenen "Scheibenwischer", auf das man den begnadeten Kabarettisten geschoben hatte und das ihn schließlich zum Abtreten seiner letzten Fernsehdomäne gezwungen hatte, das Altenteil auf ihn warten würde.

Was die unzähligen Besucher seiner hunderte Live-Auftritte jährlich bereits wussten, die Fernsehzuschauer aber nur ahnen konnten, liegt nun in Buchform vor: Dieter Hildebrandt hat nichts verlernt, scheint allenfalls zwischen Bösartigem und Fiesem, Lästerndem und gnadenlos Zerfetzendem gelegentlich Nachdenkliches und Sinnierendes einzuflechten.
Und genau diese Passagen sind ihm glänzend gelungen. Die Angriffe auf Kohl, Koch, Schily, Schäuble und Co. wirken routiniert und treffsicher, aber auch längst bekannt und vielfach wiederholt.

Doch die "altersweisen" Anmerkungen zur Gegenwart, zu modernen Entwicklungen und den Geschehnissen der Tagespolitik, seine spitzzüngigen Kommentare zu Zeitgeist und Ungeist der heutigen Jugend und der Politikergeneration, die aalglatt und kantenlos durch die TV-bestrahlten Wohnstuben geistern, sind köstlich und nachdenkenswert.
Seine Bemerkungen zum Handywahn, zur "Durchleuchtung" des Bürgers, zur Überwachung des heimischen Computers durch "Trojanische Pferde" zur "modernen Altenpflege" oder über das "Kindererwartungsland Deutschland" sind absolut brillant.

Überraschenderweise beschäftigt sich Dieter Hildebrandt in dieser "Autobiografie" - zumindest könnte man dies bei dem Titel "Nie wieder achtzig!" erwarten - kaum bis nicht mit sich selbst. Außer ironischen Anmerkungen über Vergesslichkeit und Altersstarrsinn macht er genau das, was er am besten kann: Er spießt auf, zerlegt genüsslich, stellt bloß, greift an, zerfetzt gnadenlos, überhöht spitzzüngig und lässt auch mit achtzig Jahren nicht nach, anzugreifen.

Man hätte sich als Leser eindeutig mehr von den nachdenklichen Passagen gewünscht, mehr Feingeist und mehr Satire und weniger Anwürfe und sarkastische Abrechnungen mit einer Politikergeneration, die dem heutigen Leser kaum mehr etwas sagt oder die man nicht wieder ausgraben will.

Dank gilt auch Dieter Hanitzsch, dessen Illustrationen zwar nicht jedermanns Geschmack sind und manchmal gar zu vordergründig die Kritik Hildebrandts darstellen. Doch das von ihm gezeichnete Coverbild ist genial. Es zeigt den Satiriker Hildebrandt genau so, wie man ihn kennt: hintergründig, mit einem süffisanten, fiesen Lächeln, das den nächsten Angriff bereits vorwegnimmt.

Stefan Erlemann



Hardcover | Erschienen: 1. April 2007 | ISBN: 9783896673312 | Preis: 19,95 Euro | 256 Seiten | Sprache: Deutsch

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