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 Diagnose Boreout

Warum Unterforderung im Job krank macht


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis


Den Begriff Burnout kennt wohl fast jeder - eine Zeitlang galt es sogar als schick, permanent von der Arbeit gestresst zu sein, immer mehr Zeit im Job zu verbringen, überall und jederzeit erreichbar zu sein. Der Burnout galt als Manager-Krankheit der Fleißigen und Vielgefragten. Burnout-Patienten werden in unserer auf Leistung ausgerichteten Gesellschaft zumindest noch akzeptiert, wenn nicht gar heimlich bewundert.

Wie aber sieht es aus, wenn genau das Gegenteil der Fall ist, wenn jemand chronisch unterfordert und kein bisschen ausgelastet ist? Wenn die eigene Tätigkeit von absolutem Desinteresse begleitet wird? Wenn Arbeit permanent aufgeschoben oder bloß vorgetäuscht wird? Das Gegenstück zum Burnout lautet folgerichtig Boreout - man ist über die Maßen gelangweilt und unterfordert vom Job. Die beiden Autoren Philippe Rothlin und Peter R. Werder widmen sich in ihrem Buch "Diagnose Boreout. Warum Unterforderung im Job krank macht" dem Phänomen, untersuchen Ursachen und Auswirkungen und geben auch Tipps, wie man mit einer Boreout-Situation im eigenen Berufsleben umgehen und sie überwinden kann.

Der Boreout ist ein recht neues Phänomen der Arbeitswelt unserer Zeit. Kürzlich rückte er in Form von Reportagen und Artikeln häufiger in den Blickpunkt, woraufhin plötzlich viele Betroffene zugaben, genau unter dieser Erscheinung des Berufsalltags zu leiden. Das Buch von Rothlin und Werder ist eines der allerersten, das sich dem Boreout widmet. Ein kurzer Test am Anfang gibt dem Leser Aufschluss darüber, ob er eventuell selbst an Boreout leidet. Die 131 Seiten sind in zwölf Kapitel unterteilt und widmen sich nach einem grundsätzlichen Einstieg in das Thema unter anderem den Ursachen, Symptomen und den verschiedenen Stadien des Boreouts, bevor sie sich schließlich Lösungsansätzen zuwenden. Der Lösungsteil mit seinen Tipps zur Selbsthilfe beginnt allerdings erst nach knapp einhundert Seiten und ist damit ein wenig kurz geraten. Der vorangegangene ausführliche Teil kann aber für Betroffene sehr wichtig sein, um sich überhaupt bewusst zu werden, wie unzufrieden sie in ihrem Job sind.

Ebenso wie ein Burnout kann auch das Boreout-Syndrom schwere Folgen haben und ernsthaft krank machen. Neben dem persönlichen Befinden der Mitarbeiter ist das Phänomen auch wirtschaftlich nicht zu vernachlässigen, da in vielen Unternehmen eine Menge Zeit mit Nichtstun verschwendet wird. Verbreitet ist das Syndrom hauptsächlich in Jobs im Büro-Bereich. Logischerweise können Beschäftigte in Berufen mit hohem Praxisanteil - etwa Schweißer oder Ärzte - kaum so tun, als würden sie arbeiten. Im Büroalltag, wo man einen Großteil der Zeit am Computer verbringt, fällt es hingegen leichter, sich mit Computerspielen, privaten Recherchen im Internet oder sonstigen Spielereien abzulenken. Die Boreout-Geplagten entwickeln dabei oft eine Vielzahl von Strategien, damit der Chef und die Kollegen denken, sie seien stets mit Arbeit ausgelastet und hoch motiviert.
Von Boreout Betroffene leiden meist selbst sehr unter der unbefriedigenden Situation. Sie würden gerne mehr arbeiten und ihre Zeit mit sinnvollen Dingen verbringen, sehen sich aber zum Beispiel in ihren Fähigkeiten völlig unterfordert und können anfallende Arbeiten in einem Bruchteil der Zeit erledigen. Die verbleibende freie Zeit erstreckt sich dann quälend langsam und langweilig über den Rest des Tages. Vor allem das Schlusskapitel erweist sich in diesem Werk für Betroffene als wertvoll, indem es Eigenverantwortung anmahnt und dazu auffordert, endlich zu handeln und störende Dinge aus eigenem Antrieb zu ändern.

"Diagnose Boreout" liest sich trotz der ernsten Thematik insgesamt flott und ist durch viele beispielhafte Anekdoten aus einem fiktiven Büroalltag sogar recht witzig. Das Buch schafft einen guten Mittelweg zwischen hilfreichen Praxistipps, ernst gemeinten Ausführungen und Analysen und der für ein Sachbuch nötigen lockeren Lesbarkeit, so dass sich keine Langeweile einstellt. Die Anzahl der vom Boreout Betroffenen in Deutschland sollte nicht unterschätzt werden - doch wer redet schon darüber, dass er in seinem Job nichts zu tun hat? Insofern also eine auf jeden Fall interessante und lesenswerte Publikation zu einem Thema, das bislang noch nicht ausführlich behandelt wurde. Das Buch richtet sich zwar vornehmlich an von Boreout betroffene Arbeitnehmer, dürfte aber auch für Arbeitgeber lesenswert sein.

http://www.media-mania.de/index.php?action=interview&id=49" target="_blank">Interview mit den Autoren über das Buch

Christina Liebeck



Taschenbuch | Erschienen: 01. März 2007 | ISBN: 9783636014627 | Preis: 17,90 Euro | 131 Seiten | Sprache: Deutsch

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