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 Seeräuber

Autoren: Stefan Dorra
Verlag: Queen Games

Cover
Gesamt +++--
Anspruch
Aufmachung
Glück
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Spielregel
Strategie


Ja, das Piratenleben ist ein wildes. Hin und her geht das Gezänk, wer denn nun der Kapitän der immer größer werdenden Meute wird, die nur danach lechzt, eine der fetten Fregatten auf See zu entern. Und dann ist das Piratenleben doch wieder ein sehr geordnetes, wenn jedes Mitglied der Entermannschaft brav nach dem ihm zustehenden Anteil ausgezahlt wird - ganz ohne Beschwerden, Gezänk und Halsabschneiderei. Zumindest sieht das Piratenleben so aus, wenn man den Mechanismen von Stefan Dorras 2006 zum Spiel des Jahres nominierten Spiel "Seeräuber" folgt. Was die Jury bei der Nominierung dieses Titels geritten hat, lässt sich nicht ganz nachvollziehen. "Seeräuber" ist zwar nicht wirklich schlecht, aber weit davon entfernt, auf Spieleabenden regelmäßig rausgekramt zu werden oder gar Klassikerpotential zu besitzen.

Das Spielprinzip entwickelt die Mechanik des alten ASS-Titels "Die Safeknacker" ein bisschen weiter. Jeder Spieler hat fünf Holzscheiben beziehungsweise Piraten mit verschiedenen Werten: von zwei bis fünf und Fragezeichen. Wenn man dran ist, hat man zwei Optionen. Entweder man stellt einen Piraten auf den Seeräuber oder die Entermannschaft eines Gegners und bildet dadurch eine neue Entermannschaft, deren Kapitän man ist. Oder man benutzt eine eigene Entermannschaft, um ein Schiff zu überfallen. Davon gibt es insgesamt fünfzehn Stück, von denen stets maximal drei ausliegen. Je dicker das Schiff, desto größer muss die Entermannschaft sein, die diesen Kahn überfallen will. Ist das geschehen, wird die Beute dieses Schiffs in Form von Dukaten ausgezahlt. Jeder Pirat in der Entermannschaft bekommt nun den aufgedruckten Wert von der Beute als Anteil. Wenn das "Gehalt" der Piraten höher ist als das, was das Schiff an Gold hergibt, muss der Kapitän die anderen aus eigener Tasche bezahlen. Bleibt von der Beute noch etwas übrig, was meistens der Fall ist, darf er den kompletten Rest behalten. Außerdem bekommt der Kapitän einer Entermannschaft noch einen zusätzlichen Schatz, dessen Anhäufung zum Schluss ordentlich Bonusdukaten wert sein kann - denn wer dann das meiste Gold vorweisen kann, ist mächtigster Pirat der sieben Weltmeere. Arrr!

Zugegeben, die Regeln sind supersimpel. Entweder eine Entermannschaft bilden beziehungsweise vergrößern oder mit selbiger ein Schiff überfallen und abkassieren, mehr Optionen hat man nicht. Dennoch ist dieses Prinzip auch ziemlich abstrakt, so richtig piratig fühlt man sich beim Bilden und Abluchsen von Holzsteinstapeln nicht, dass szenariogerechte "Arrr!" will nur schwer über die Lippen kommen, wenn auch die optische Aufmachung des Spiels ganz nett geraten ist. Da die einzige Variation des Spiels darin besteht, in welcher Reihenfolge die fünfzehn Schiffe nacheinander auftauchen, ist die Halbwertszeit dieses Spielprinzips recht gering. Denn wirklich steuern kann man den Ablauf einer Partie nicht. Man wird halt darauf achten, dass in den Entermannschaften der anderen möglichst teure eigene Piraten liegen und dass man selbst billige Seeräuber der anderen anheuert. Dann wechseln die immer größer werdenen Entermannschaften halt so lange den Besitzer, bis sie in ihrer Auszahlung nicht mehr lukrativ für den nächsten Kapitän wären, die Stapel gehen hin und her, bis irgendwann mal geentert wird, was für den aktuellen Spieler manchmal mehr und manchmal weniger Gold bringt - draufzahlen musste in den Testpartien fast nie jemand. Genauso überflüssig scheint die Meuterregel, die einen Spieler dazu befähigt, einen fremden Kapitän zum Entern zu zwingen, wenn in dessen Mannschaft mindestens drei eigene Piraten stecken. Wahrscheinlich dient dies nur dazu, um zu verhindern, dass die Piraten eines Spielers völlig geblockt werden, was de facto aber niemals geschieht, weil man einen so großen Stapel ohnehin immer zum Entern einsetzt.

Dennoch hat "Seeräuber" einen nicht zu unterschätzenden Vorteil, neben seinen einfachen und durch die Anleitung gut erklärten Regeln: Es ist angenehm kurz, eine Partie wird kaum mal länger als eine halbe Stunde dauern. Das macht es zum durchaus brauchbaren Zwischendurchspiel vor oder nach längeren Titeln. Über diesen Status kommt es jedoch nicht hinaus, weil es über mehrere Partien kaum Abwechslungsreichstum bietet. Aber auch, wenn "Seeräuber" nicht gerade zum imaginären Säbelschwingen verleitet, so ist es über seine halbe Stunde gelegentlich durchaus vergnüglich.

Julius Kündiger



Kartenspiel | Erschienen: 01. Mai 2006 | FSK: 8 | Preis: 16 Euro

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