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 Das Haus an der Düne


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
Ton


Der Belgier Hercule Poirot, seiner unbescheidenen Ansicht nach der größte Detektiv aller Zeiten, hat sich zur Ruhe gesetzt. Er will nicht einmal den Fall eines englischen Politikers annehmen, obwohl der ihn dringend darum bittet. Auch sein Freund Hastings ist erstaunt über ihn, konnte der kleine Mann doch bisher kaum einem Fall widerstehen, der auch noch enorme Publicity versprochen hätte.
Stattdessen sitzen die beiden Männer auf der Terrasse eines altehrwürdigen Hotels und genießen einen schönen Sommertag. Zufällig machen sie die Bekanntschaft von Nick Buckley, einer lebenslustigen, jungen Dame, deren baufälliges Anwesen unweit des Hotels liegt. Als Poirot der hübschen Frau ihren Hut bringen will, den sie bei ihnen liegen gelassen hat, stellt er fest, dass dieser ein Einschussloch aufweist. Auch die dazugehörige Kugel findet Poirot. Als ihm Nick dann auch noch in heiterem Ton von vier seltsamen "Unfällen" erzählt, die sie in der letzten Woche fast das Leben gekostet haben, steht für den cleveren Belgier unumstößlich fest, dass jemand die junge Dame töten will.

Er versucht die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um Nick Buckley zu schützen und beginnt vorsichtig mit der Sondierung ihres Umfeldes. Kaum hat er eine Liste mit zehn Namen zusammengestellt, die nach seiner Meinung für die Anschläge in Frage kommen, geschieht ein Mord. Obwohl Poirot zugegen ist, wird Nick getötet. Zumindest glauben dies Poirot und die anwesenden Freunde. Doch der Täter hat einen Fehler begangen. Er hat durch einen offensichtlich dummen Zufall nicht Nick, sondern deren Freundin erschossen. Nun aber stellt sich für Poirot ein doppeltes Problem. Er muss nicht nur den Täter entlarven, sondern auch noch verhindern, dass dieser es ein weiteres Mal versucht. Doch auch Poirot ist nicht unfehlbar, wie er wenig später schmerzlich erfahren muss.

Im siebten Fall, den die englische Kriminalschriftstellerin Agatha Christie ihrem Meisterdetektiv Hercule Poirot auf den Leib geschrieben hat, weicht sie zunächst sehr deutlich vom üblichen "Who done it"-Schema ihrer Romane ab. Sie stellt den Detektiv vor die unmögliche Aufgabe, einen Mord zu verhindern, obwohl es weder ein Motiv zu geben scheint noch ein Verdächtiger auszumachen ist.
Immerhin mehr als die Hälfte des Hörbuches - also über zweihundert Minuten lang - geschieht also nichts. Kein Mord, kein weiterer Anschlag, nur Gespräche, Mutmaßungen und scheinbar endlose Beschreibungen der verschiedenen Personen und Örtlichkeiten. Es kommt ein wenig Langeweile auf, die auch der sehr gute Sprecher Martin Maria Schwarz trotz virtuosem Vortrag nicht ausräumen kann. Man schwelgt ein wenig in den guten alten Zeiten, hört dem Geschwätz des über die Maßen eitlen Detektivs zu, ist ein bisschen genervt über das allzu naive Gerede von Hauptmann Hastings, den tumben Dr. Watson der Poirot-Krimis.
Doch bei aller Langeweile, scheinbar unnötigem Gerede und nicht enden wollenden Szenen der Alltäglichkeit baut Agatha Christie ein Gedankengebäude auf, das nicht leicht zu durchdringen ist. Zwischen den vielen Sätzen, den endlosen Schilderungen verstecken sich die wenigen Hinweise, die es nicht nur Hercule Poirot, sondern auch dem Leser und Hörer ermöglichen, die richtigen Schlüsse zu ziehen.
Zum Ende hin, wenn es sowohl interessant als auch spannend wird, kann man sich kaum noch an diese kleinen Indizien erinnern und muss neidlos anerkennen, wie geschickt es die Autorin vermocht hat, zu tarnen und zu täuschen und den wahren Sachverhalt zu verbergen.

Nach dem Genuss dieses fast vierhundertminütigen Hörbuchs kommt man zwangsläufig zu dem Schluss, dass hier eine großartige Schriftstellerin einen sehr gelungenen Kriminalroman geschrieben hat, der zudem durch einen sehr gut aufgelegten Sprecher zusätzlich an Atmosphäre gewinnt. Und trotz der Längen ist man am Ende sehr zufrieden - zumindest wenn man diese Art Krimis liebt, in denen eine gepflegte Unterhaltung und eine gentlemanlike geführte Ermittlung Mittelpunkt der Geschichte sind und nicht zerstückelte Leichen, hochnotpeinlich beschriebene Vergewaltigungen und grausame Morde, die in allen Einzelheiten vor dem Leser oder Hörer ausgebreitet werden.

Stefan Erlemann



CD | CD-Anzahl: 6 | Erschienen: 01. April 2008 | ISBN: 9783896143853 | Laufzeit: 399 Minuten | Originaltitel: Peril at End House | Preis: 24,90 Euro

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