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 Commissario Montalbano, Band 5: Das Spiel des Patriarchen


Cover
Gesamt +++++
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Ein junger Mann wird vor dem Haus, in dem er wohnt, erschossen und ein altes Ehepaar, Bewohner desselben Hauses, verschwindet. Nur durch eine Reihe von Zufällen aber bekommt Montalbano den Fall und stößt gleich auf eine ganze Reihe von Rätseln. So hatte der junge Mann eine Geliebte, mit der er sich anscheinend ziemlich unanständige Briefe schrieb, doch niemand weiß, wer diese Geliebte ist und wo sie sich aufhält. Zudem hatte der arbeitslose Mann einen sehr lukrativen Nebenverdienst, doch auch über den ist nichts herauszufinden. Und was die beiden verschwundenen Alten angeht, so hatten sie sich auf eine Kaffeefahrt aufgemacht, doch auch hier weiß niemand, ob sie je zurückgekehrt sind. Und so stochert Montalbano diesmal im Trüben. Ein Zufall - aber ist es wirklich ein Zufall? - führt ihn dann auf eine etwas merkwürdige Spur: Don Balduccio Sinagra, greises Oberhaupt der einen Mafia-Familie dieser Gegend, lädt Montalbano auf einen Besuch ein und gibt ihm zu verstehen, dass er seinen Enkel an die Polizei ausliefern möchte. Und obwohl dieser Besuch beim Don der Sinagra-Familie Montalbano eine Menge Ärger mit seinen Vorgesetzten beschert, kann der Commissario endlich nach und nach die Fäden lösen, die Spur vom jungen Ermordeten zu den beiden verschwundenen Alten ziehen und sogar der Mafia selbst ein Schnippchen schlagen - ein doppeltes Schnippchen, wie der Leser am Ende des Buches feststellen wird.

Ungewöhnlich und unerwartet wütend beginnt dieses Buch um den knorrigen Commissario Montalbano. Statt wie sonst direkt in einen Fall einzusteigen, lässt Camilleri seinen Kommissar über Ideale philosophieren und über das Verfallen dieser Ideale. Das mutet fremdartig an, aber im Verlauf des Buches bekommt diese erste Passage nach und nach ihren Sinn.
Der Rest ist wie gewohnt ein hervorragender Camilleri, der mit viel Fabulierlust eine komplizierte Geschichte in kleinen, teils dramatischen Szenen, teils komischem Slapstick verarbeitet und dem Leser keine Pause gönnt. Alle liebgewonnenen Figuren der bisherigen Fälle tauchen wieder auf - Mimì mit seinem Hang zu schönen Frauen, Catarella, das Unikum des Kommissariats, und so weiter ... Eine Art Soap-Opera wird hier wie beiläufig miterzählt. Genau das macht aber die Qualität dieses Buches aus: Es ist eindeutig ein Krimi, aber trotzdem sehr viel mehr, ein intelligentes Spiel mit Motiven ebenso wie eine scharfe psychologische Beschreibung, und das ohne langes Palaver, ohne Selbstbeweihräucherung des Autors ob seines fundierten Wissens.
Dieses Buch ist absolut lesenswert, wie alles, was Camilleri in dieser Reihe rund um Montalbano geschrieben hat.

Frederik Weitz



Taschenbuch | Erschienen: 1. November 2002 | ISBN: 9783404921140 | Originaltitel: La Gita a Tindari | Preis: 8,95 Euro | 316 Seiten | Sprache: Deutsch

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